Sonntag, 19. August 2012

Stadt der Lachse

Wofür ist Campbell River auf Vancouver Island bekannt? - Für Lachse. Was tut man dort? - Fischen. Was kann man dabei sehen? - Lachse. Gibt es sonst noch etwas in Campbell River? - Nein.

Damit ist eigentlich schon alles erzählt. Nicht ganz, denn ich bin natürlich nicht wegen der Lachse, also wegen  des Rufes (und der Werbung) von Campbell River, die Hauptstadt des Lachsfangs zu sein, hierher gefahren. Guten Lachs kann ich hier überall essen, und Angler bin ich ja nicht. Obwohl es schon eindrücklich ist, dass hier an jedem Fluss, Dock, Wharf oder was immer in Wassernähe ist, geangelt wird. Einen habe ich auch etwas fangen sehen direkt im Campbell River, siehe Foto. Das ist auch die einzige Attraktion, wo man in Campbell River kaum einen Parkplatz bekommt, zumal am Sonntag nicht: an der Straße entlang des Rivers.

Hierher gefahren bin ich eigentlich wegen einiger Abstecher ins Inselinnere. Campbell River, ca. 200 km vor Port Hardy und damit der Nordspitze der Insel, ist für mich der nördlichste Punkt von Vancouver Island, den ich erreiche, denn morgen geht es wieder zurück gen Süden nach Nanaimo, zur Fähre nach Vancouver. Einen ersten Abstecher machen wollte ich zum Mt. Washington, einem der höchsten Berge mit Gipfelbahn und toller Aussicht, im Winter Skiparadies. So steht es im Reiseführer, es sei einer der schönsten Punkte im Zentrum der Insel. Nix da. Heute hat mir das Wetter zum ersten Mal total einen Strich durch die Rechnung gemacht. In Tofino morgens sah es noch recht hell und freundlich aus. Ich hoffte also entsprechend der Vorhersage auf Sonne an der Ostküste. Das Gegenteil war der Fall. Es wurde immer grauer, schließlich nebelig mit Nebelnässen, zumindest abschnittsweise. Besonders in der Nähe der Abfahrt zum Mt. Washington war es besonders scheußlich, gar keine Sicht; der Berg war sowieso nicht zu sehen. Da lohnte auch der Abstecher nicht.

Auch aus dem zweiten Abstecher ins Campbell Valley hinein Richtung Strathcona Park mit den schönen Myra Wasserfällen am Ende wurde nichts. Zeit genug hätte ich für diesen 80 km Trip gehabt, war ja so geplant. Ich habs auch versucht, aber sowie ich die Küstenebene verließ, wurde es gleich wieder düster, nass und nebelig. Also sinnlos. So blieb mir heute nur der Ort Campbell River. Da ist absolut nichts los. Außer Lachsen natürlich.

Ein Restaurant fürs Dinner habe ich auch schon entdeckt, aber weit vom Hotel weg, downtown bzw. was hier so heißt. Hin werde ich laufen, immer am Ufer der Strait of Georgia entlang; die Gewässer werden nun nach Norden immer enger. Denn hier ist es zwar auch grau, aber einigermaßen warm und vor allem trocken. Die Vorhersage für Vancouver ist recht gut, "partly cloudy" mit 23°. Das ist doch schon mal wieder was. Aber der Wetterbericht ist hier grotten schlecht, war auch schon in Alaska so. Ich vermute, den Wetterleuten fehlen hier in der großen Einsamkeit (immerhin ist auch Vancouver Island zum allergrößten Teil pure Wildnis) einfach die Messstationen. Da bin ich an Genauigkeit der Wettervorhersage von zu Hause was anderes gewöhnt. Natürlich kann man auf dem Wetter Channel bzw. im Internet alle Vorhersagen stündlich genau lesen. Stimmt nur selten. Ist jedenfalls bisher meine Erfahrung.

Weil es hier gut passt und ich ohnehin mal Zeit habe, ein Wort zum Thema Umwelt. Erfreulich war es schon in Alaska, dass zumindest für Plastikflaschen und Dosen gesonderte "recycling" Mülleimer angeboten werden. Auch in den Hotels gibt es den "blauen" Papierkorb. Meist steht er aber im Schrank, das sagt eigentlich schon alles. In Kanada ist es deutlich besser. Hier wird recht konsequent Müll getrennt und auf den Schutz der Umwelt Wert gelegt. Man hört es auch im Radio. Heute habe ich auf der Fahrt eine lange Sendung über "climate change" gehört. Selbst dies Wort war in Alaska tabu, konservativ wie die sind. Es wurde nur auf das starke Zurückweichen der Gletscher hin gewiesen, ohne jede Begründung, schicksalhaft halt. Die Ranger im Glacier Bay NP wussten es natürlich besser und genauer, durften aber offiziell nichts anderes sagen. Die Gletscher kommen und gehen. Basta. Das ist in Kanada sehr viel anders und besser, eben europäischer. Ressourcen schonen und Recyclen ist hier sehr angesagt, die Aufklärung in den Nationalparks ist sehr ausführlich, begründet und gut. Menschen gemachter Klimawandel, hier selbstverständlich. Änderung des Verhaltens erforderlich, alles klar.

Anders sieht es aber aus, wenn man an die industriellen Interessen besonders im schönen British Columbia denkt. Mein deutscher Reiseführer (Buch) gibt darüber sehr kritisch Auskunft. Die entscheidende Industrie in BC ist nämlich die "logging industry", also die Holzfällerei. Sie geschieht großflächig, völlig professionell und  ohne Rücksicht auf Schonräume, da, wo es nicht ausdrücklich verboten ist, wie in den Parks. Besonders das "clear logging" ist verheerend, da sehen ganz Berghänge aus wie nach Kyrill bei uns. Habe ich gesehen, sogar entlang des Pacific Rim Highway, also für alle Touristen sichtbar. Man hat ja genug davon, meint man, zerstört aber damit zugleich das gesamte Ökosystem eines Berges oder einer ganzen Region. Es wird nur lückenhaft aufgeforstet: Wächst von alleine, ist die Devise. Die gefällten Baumriesen sind aber hunderte von Jahren alt. Ihr hartes Holz ist besonders begehrt.

In Kanada wächst der Widerstand gegen die Macht der Holzindustrie, lese ich. Aber mach da mal was gegen, wenn wie in BC jeder dritte (!) Arbeitsplatz vom Holz abhängt und die Holzindustrie zu 40 % das Steueraufkommen von BC bestreitet. Dagegen ist schwer anzugehen. Ein Teufelskreis, wie wir ihn anders, aber ähnlich ja auch bei uns kennen. Schutz der natürlichen Ressourcen kommt noch stets zuletzt, besonders wenn kapitalkräftige Unternehmen Gewinne machen und Steuereinnahmen versprechen. Und Arbeitsplätze dran hängen. Kanada ist schön, aber eben auch nicht das Paradies. Da sind die Menschen vor.

Die Fotos von heute als hier im Google Webalbum..

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